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Was nehme ich als Arzt aus Äthiopien mit?

Ein bis zweimal im Jahr arbeite ich für unsere Hilfsorganisation SEHPA (Swiss Ethiopian Health Professional Association / www.sehpa.ch) in Äthiopien.

Äthiopien liegt in Ostafrika und ist nach der Fläche der zehntgrösste Staat in Afrika, rund dreimal so gross wie Deutschland. Hinsichtlich der Bevölkerungszahl liegt das Land an zweiter Stelle hinter Nigeria. Seine Grenzen sind 5328 km lang und verlaufen entlang der Länder Dschibuti, Eritrea, Kenia, Somalia, Südsudan und Sudan.

Äthiopien gehört zu den ärmsten Ländern weltweit. Die mütterliche und kindliche Sterblichkeit sind durch die limitierten finanziellen und strukturellen Ressourcen 100 bis 1000-mal höher als bei uns. Durch sinnvoll eingesetzte Spenden können zum einen zahlreiche Menschenleben gerettet werden, zum anderen wird der fachliche und kulturelle Austausch mit einem Entwicklungsland und der Schweiz bzw. der Hirslanden Klinik gefördert.

Unterstützt wird die Frauenklinik der Universitätsklinik in der Hauptstadt Addis Abeba. Vor einigen Jahren habe ich auf eigene Initiative mit Unterstützung von äthiopischen Ärzten ein Teaching- und Austauschprojekt begonnen. Ich bin seit einigen Jahren dort Gastprofessor und finanziere privat einen Austausch für Gastärzte in die Schweiz. Daneben unterrichte ich an der Klinik in Addis Abeba in Feto Maternaler Medizin und Perinatal Medizin.

Bei meiner letzten Reise habe ich eine Klinik in Hawassah besucht, das etwa fünf Autostunden südlich von der Hauptstadt Addis Abeba liegt. Es ist ein idyllisches kleines Städtchen am malerischen Hawassah See, der berühmt ist für seine vielfältigen Vogelarten und Nilpferde, die sich in einem Teil des Sees aufhalten, dem sogenannten «Black Water». Das grösste Krankenhaus in Hawassah hat auch eine Geburtenabteilung mit über 3000 Geburten pro Jahr, in manchen Monaten kommen über 300 Kinder auf die Welt. Die Belastung für die Ärzte wie auch für die Infrastruktur ist gross. In Stosszeiten oder bei Notfällen reichen oft die Betten nicht aus, sodass Frauen auf dem Boden auf Tüchern gebären müssen. Leider fehlen auch oft Medikamente wie Antibiotika, die beispielsweise bei Entzündungen nach der Geburt eingesetzt werden sollten. Viele Frauen leiden unter Eisenmangel und Blutarmut, die schon während der Schwangerschaft und bei der Geburt vorbestehen. Kommt es bei einer Geburt zu einem hohen Blutverlust, wird die Situation schnell lebensbedrohlich für die Mutter, da auch hier wirksame und ausreichende Medikamente oft fehlen oder nicht ausreichend vorhanden sind.

Ein weiteres Problem sind lange Distanzen und Transportzeiten von peripheren Gesundheits- und Geburtshäusern in ein medizinisches Zentrum wie Hawassah. Es kann bis zu fünf Stunden dauern, bis eine Frau, manchmal auf einem Eselskarren, endlich im Krankenhaus ankommt und man beispielsweise einen Kaiserschnitt durchführen kann. Aufwändigere Eingriffe können sowieso nur in einem Zentrum durchgeführt werden und das nächste grössere Krankenhaus wäre in Addis Abeba, das 500 km entfernt ist.

Trotz der bestehenden Probleme macht es Freude, in Äthiopien zu arbeiten und zu unterrichten, da ich so am besten das Land und seine Menschen kennenlerne und menschlich wie auch medizinisch wichtige Erfahrungen sammle. Ein Aufenthalt in Äthiopien bereichert mich immer sehr und erlaubt einen anderen Blickwinkel auf den medizinischen Alltag in der Schweiz.