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Mann, Familie & Karriere – meine persönlichen Gedanken

Es ist 3 Uhr in der Nacht, das Handy klingelt und reisst mich aus dem Schlaf. Ich werde zu einer Geburt in die Klinik Hirslanden gerufen und sollte innert 15 Minuten dort sein, da es ein Notfall ist. Tatsächlich schaffe ich es auch in 15 Minuten dort zu sein, gespannt, was in der Klinik auf mich zukommt. Meinen Kaffee konnte ich bis dahin noch nicht trinken.

So etwas passiert einem Mann, der seine Karriere in der Medizin und speziell in der Geburtshilfe gemacht hat, regelmässig und unter Umständen mehrmals in der Woche. Da ich seit über 20 Jahren Geburten betreue, kann man sich ausrechnen, wie oft das nachts aufstehen bedeutet. Das alles neben der Tätigkeit am Tag in der Praxis, Uni-Präsenz, Vorlesungen, Vorträgen und Dienstreisen.

Das Ganze aber auch neben dem Leben mit der Familie, den Kindern und der Partnerin, die natürlich auch ihre Zeit mit mir teilen wollen und meine Aufmerksamkeit erwarten, vor allem in der Freizeit, an den Wochenenden und in den Ferien.

Vor langer Zeit war das «Mann und Karriere-Konzept» auf den Mann zugeschnitten, das heisst insbesondere die Frau hatte oft ihr ganzes Leben «zurückgesteckt», ihre Zeit mit Kindern und Haushalt verbracht und nicht selten auf eine berufliche Karriere verzichtet, was nicht bedeuten soll, dass es nicht zufriedene Frauen in dieser Rolle gab oder gibt. Aber es zeigte sich zunehmend, dass die Frau als gleichberechtigte Partnerin des Mannes auch die gleichen Rechte auf Karriere erwartete – trotz oder mit der Familie. Und dies zu Recht, da es kein Grund gibt, warum Frauen in Karriere und Familie benachteiligt sein sollten.

Ich selber hatte das Glück mit einer Frau zu leben, die beides vereinen konnte, also mir und uns drei Töchter schenkte, die heute 11, 15 und 18 Jahre alt sind und dennoch eine Karriere als Ärztin und Gynäkologin machte. Sie musste und muss in ihrem Beruf genau so oft nachts aufstehen und dieselben «Opfer» bringen für unseren schönen Beruf.

Ich denke, es ist sehr schwer eine Karriere zu meistern, ohne die Unterstützung des Partners in fast allen Lebenslagen, dies gilt für den Mann und die Frau. Kinder können zwar nur indirekt die Karriereleiter beeinflussen, sie können die Leiter aber mit festhalten und mit ihrem Verständnis und ihrer Liebe zu uns unsere Karriere sehr positiv beeinflussen. Und welche Karriere meinen wir eigentlich? Allein die berufliche oder auch die menschliche, soziale oder familiäre? Was nützt uns eine tolle berufliche Karriere, wenn dabei unsere Liebe zu unserem Partner oder den Kindern leidet, wir kaum Zeit miteinander verbringen oder wir psychisch und physisch an unsere Leistungsgrenzen kommen?

Unsere Rolle als achtsamer und fürsorglicher Vater wird zunehmend erwartet und kann heutzutage auch am Arbeitsplatz besser organisiert werden. Kein Kollege lacht mehr über Babypausen nach der Geburt des Kindes oder wenn «Mann» mal früher nach Hause geht oder Überstunden vermeidet, um mit seiner Familie Zeit zu verbringen.

Dann geht er mal früher nach Hause, kauft etwas leckers ein, um für die Familie zu kochen und gemütlich zusammen zu sein. Später geniesst er noch einen schönen Rotwein mit seiner Frau in der Sommernacht.

Es gibt keine allgemeine Anleitung oder Regel, wie ich als Mann meine Karriere erfolgreich und gleichzeitig harmonisch im Kreis meiner Familie plane und gestalte. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass eine Karriere auch bei beruflicher Doppelbelastung der Partner möglich ist, wenn beide an einem Strang ziehen und sich gegenseitig unterstützen so gut es geht. Es ist immer ein Balanceakt, der manchmal schwierig zu meistern ist und jeder hat sein ganz eigenes Leben und seine Lebensplanung.

Viel Spass beim Erreichen der Karriereziele und einem möglichst entspannten Familienleben!